Zwei Mütter, eine Mission – Fall II: Sag wenigstens, dass du da warst!

von | 6 Okt.,2025 | Blog

In 2025 habe ich zwei Sachen verhandelt, über die ich – leicht abgewandelt und stark anonymisiert – berichten möchte. In beiden Fällen geht es um sich sorgende Mütter, die den gleichen Fehler gemacht haben. Den ersten Fall finden Sie hier.

Die Situation: Sommerabend, Kiosk, Auseinandersetzung

Ein lauer Sommerabend. Mein nicht einmal 20-jähriger Mandant – er war es leider schon ein paar Mal – und ein Kumpel, der auch schon einige Anwälte hinter sich hatte, hängen vor einem Kiosk rum. Am Kiosk ist ein Geldautomat. An diesen gesellt sich zu später Stunde ein Typ, der so aussieht wie man sich einen altgewordenen Rocker vorstellt. Kein Leichtgewicht, ein echter Kerl halt. Irgendwie kommt es dazu, dass man sich gegenseitig schmäht, gar beleidigt in dieser Situation. Die Jungs waren nicht freundlich, der „Opa“ aber auch nicht. Doof, dass der fünf Minuten später mit Verstärkung auftaucht. Sein Cousin, optisch gleiches Kaliber und Jahrgang ähnlich, ist jetzt mit dabei. Außerdem haben beide Ihre „Perlen“ (O-Ton) im Schlepptau. Es soll, so wird man später vor Gericht abstreiten, ganz offensichtlich ein Paar „Schellen geben für die Frechheiten“, das zumindest verkündet man, während man stark betrunken auf die ebenso betrunkenen Jungs zustürzt. Die sind körperlich haushoch überlegen, aber herrlich überrascht. Als die anderen drei Kombattanten zu Boden gehen, nimmt mein nicht wirklich an einer Auseinandersetzung mit den Rock-Opas interessierter Mandant Reißaus. Auch der Kumpel ist schneller auf den Beinen, als die beiden in die Jahre gekommenen Motorradfahrer und ist weg, als die Polizei eintrifft, die eine der Perlen gerufen hat. Der besorgten Polizei werden vor Ort vier unterschiedliche Geschichten erzählt. Irgendwie sollen die beiden Cousins von jungen Männern angegriffen worden sein.

Ermittlungen und Verwechslung

Die Polizei löst eine Nahbereichsfahndung aus. Der Kioskbesitzer beschreibt meinen Mandanten so schlecht, dass stattdessen bei einem Kumpel von ihm spontan eine Hausdurchsuchung durchgeführt wird.

Mein Mandant ruft mich währenddessen auf der Notfallnummer an: Irgendwie sei Scheiße passiert. Angefangen hätten die anderen. Irgendwie sucht die Polizei ihn jetzt. Mein verschlafener Rat: Entspannt nach Hause gehen und in Ruhe duschen, um runterzukommen, Klamotten mal wieder waschen – Hausarbeit hilft auch beim Runterkommen. Daran denken, dass das Handy eingesammelt werden könnte. Keine Angaben bei der Polizei, wenn die doch noch auftaucht. Gesagt getan. Mein Mandant geht nach Hause und sauber ins Bett. Am nächsten Tag schläft er aus: Die Polizei weiß nicht, dass er vor Ort war.

Der Fehler der Mutter

Der Mandant – Heranwachsender – wohnte noch bei seiner Mutter, genauso wie einige kleine Geschwister. Leider haben die schon die ein oder andere Hausdurchsuchung hinter sich, der Mandant hatte da mal Probleme mit dies und das. Bisher immer alles eingestellt – guter Anwalt und so. Aber als Mama erfährt, dass im Viertel nach zwei Jungs gesucht wird und es schon eine Hausdurchsuchung gab, wird sie nervös und schnappt sich meinen Mandanten. Der wird später berichten, er habe der Mutter dreimal gesagt, dass „Herr Brunkhorst aber gesagt hat, ich soll nichts sagen“. Trotzdem besteht die Mutter darauf, dass man gemeinsam zur Polizei fahre und dort mitteile, dass der Sohn vor Ort war – damit keine Hausdurchsuchung erfolgt. Gesagt getan, die örtliche Polizei tut ernsthaft uninteressiert und notiert die Angaben. Alle sind Happy.

Zehn Tage später klopft morgens früh die Polizei: Hausdurchsuchung, Überfall auf arme Senioren! Das Handy wird beschlagnahmt.

Bei nachmittäglichen Gespräch mit Mutter und Sohn waren beide ziemlich kleinlaut: ja, eigentlich hätte man das verstanden, aber man dachte doch, es sei in dieser Situation besser, wenn man sich zu erkennen gibt.

Verhandlung und Urteil

So nimmt das Verfahren seinen Lauf. Am Ende glaubt das Gericht den beiden Opas und deren „Perlen“, immerhin schaffen die vier es jetzt eine Geschichte zu erzählen und nicht mehr vier. Dem Gericht war anzumerken, dass dem vielbestraften Kumpel (den man identifizieren konnte, nachdem klar war das mein Mandant vor Ort war) nebst unverschämt untätigem Pflichtverteidiger und meinem Mandanten, der zweimal zu oft im letzten Augenblick doch nicht bestraft wurde, eben nicht zu folgen ist und verurteilte beide.

Der Mandant muss einen Kurs belegen und Arbeitsstunden ableisten. Er hat jetzt eine Eintragung im Erziehungsregister und – wie schön – eine Klage vor dem örtlichen Landgericht wegen Schmerzensgeld, die Opas wollen jetzt auch noch Cash.

Lektion gelernt

In der Beziehung zwischen Mutter und Sohn hat das Geschehen keinen bleibenden Schaden verursacht. Einig ist man sich aber darüber, dass man in Zukunft lieber auf den Anwalt hört und keine Angaben bei der Polizei macht.

Fachanwalt Daniel Brunkhorst aus Hannover ist erfahrener Strafverteidiger in Jugendsachen. Buchen Sie heute eine kostenlose Erstberatung bei ihm.


Welche Risiken entstehen, wenn Eltern ihre Kinder zur Polizei bringen, um eine Hausdurchsuchung zu vermeiden?

Eltern glauben oft, durch freiwillige Angaben ihrer Kinder eine Hausdurchsuchung verhindern zu können. Tatsächlich verschlechtern sie die Situation häufig: Mit jeder Aussage erhält die Polizei neue Ermittlungsansätze.
Eltern müssen ihre Kinder schützen und sich frei von der Vorstellung machen, die Polizei wolle helfen. Die Polizei will Beweise sammeln und im Zweifel das eigene Kind einer Straftat überführen.

Wie läuft eine Hausdurchsuchung im Jugendstrafverfahren ab?

Bei Hausdurchsuchungen im Jugendstrafrecht oder bei Heranwachsenden durchsucht die Polizei regelmäßig das Kinder- oder Jugendzimmer sowie gemeinschaftlich genutzte Räume. Dabei werden Handys, Kleidung oder Gegenstände, die mit der Tat im Zusammenhang stehen könnten, beschlagnahmt.

Was bedeutet ein Eintrag im Erziehungsregister für Jugendliche und Heranwachsende?

Ein Eintrag im Erziehungsregister dokumentiert, dass ein Jugendlicher oder Heranwachsender bereits strafrechtlich verurteilt wurde. Auch wenn er nicht im „großen“ Führungszeugnis erscheint, kann er bei Behörden oder Gerichten berücksichtigt werden und wirkt sich negativ bei weiteren Verfahren aus.

Können Jugendliche nach einer Schlägerei zu Schmerzensgeld verklagt werden?

Ja. Auch Kinder, Jugendliche und Heranwachsende können nach einer Schlägerei von den angeblichen Opfern auf Schmerzensgeld verklagt werden. Neben dem Strafverfahren drohen dann zusätzliche finanzielle Belastungen durch zivilrechtliche Klagen.


Daniel Brunkhorst

Daniel Brunkhorst

Fachanwalt für Strafrecht

Ich bin für Sie da, damit sich Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht an die Spielregeln halten.

Als Fachanwalt für Strafrecht habe ich dank Ausbildung und Erfahrung die Fähigkeiten, die Sie brauchen, wenn es um Ihre Existenz geht. Auch in schwierigen Situationen bin ich der Partner, der Sie unterstützt und die Maßnahmen ergreift, die Sie entlasten.

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